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Die Angst vor'm weißen Blatt


Das weiße Blatt starrt dich an. Du spürst, wie dir langsam der Schweiß ausbricht. Deine Hände werden schwitzig und hektisch drehst du deinen Stift hin und her. Du könntest eigentlich mal wieder den Tisch aufräumen, denkst du. Ist auch echt schon peinlich lange her, seit du hier den Lappen geschwungen hast… Wenn dein ordnungsliebendes Elternteil das sehen würde. Zum Glück ist die Wohnung relativ dunkel – so ein richtiger Sommer ist es dieses Jahr irgendwie auch nicht, nech? Ständig Regen. Erstmal gucken, was bei Instagram/Reddit/ebayKleinanzeigen so geht. Hm, so ein süßes Beistelltischchen und das auch noch gratis. Kann man mal anschreiben. Deine beste Freundin hat dir doch noch neulich Vinted empfohlen. Du kanntest es zwar schon und eigentlich warst du dabei deinen Schrank auszuräumen und deine Garderobe zu minimalisieren, aber sie hatte letzte Woche einen ECHT schicken Pulli angehabt. 13 Euro! Unfassbar. Vielleicht findest du ja auch sowas Feines. Räum doch erstmal das blöde, weiße Blatt weg auf den Stapel daneben, dann hast du auch Platz für die Tastatur…


Geht es dir manchmal auch so?


Und wenn ja:

Fragst du dich auch, warum zur Hölle man bei einer Sache prokrastiniert, die man eigentlich so gerne tun würde und dann so lange rumeiert und es dann doch nicht tut?

Du, ich weiß es auch nicht genau. :D

Ich glaube aber, es gibt da nicht nur die eine Antwort darauf, sondern mehrere.

Ein möglicher Grund für deine Prokrastination ist die sogenannte Angst vor’m weißen Blatt.

Wenn du den Begriff gerade zum ersten Mal hörst, schaust du wahrscheinlich gerade genauso, wie ich damals im Kunst LK, als ich es zum ersten Mal von meiner unfassbar motivierten, idealistischen, frisch von der Uni kommenden Lehrerein gehört hab. Klingt erstmal auch bescheuert. Wer hat denn Angst vor einem weißen Blatt? Was soll das überhaupt bedeuten?!

Aber je länger ich darüber nachgedacht habe, desto mehr Sinn hat es gemacht.

Vielleicht gehörst du ja auch zu den Menschen, die sich wunderschöne neue Notizbücher kaufen – und niemals reinschreiben. DAS ist nämlich auch die Angst vor’m weißen Blatt.

Wir haben Angst etwas kaputt zu machen. Etwas falsch zu machen. Etwas nicht perfekt zu machen. Und damit dieses wunderschöne, makellose Notizbuch/Leinwand/Blatt zu verderben.

Aber weißt du was?

Perfektion gibt es nicht.



Ich weiß, du weißt es auch so schon. Wir alle wissen es eigentlich. Aber wir FÜHLEN es nicht, das ist das Problem. Weil es doch Dinge gibt, die wir als perfekt empfinden. Wir haben Lieblingsbilder, Lieblingsgeschichten, Lieblingsdinge, die für uns perfekt sind.

Aber heißt es, dass diese Dinge perfekt sind? Nein. Aus zwei Gründen.


Erstens: Sie mögen für uns perfekt sein, rein subjektiv, aber sie sind es nicht für alle. Ergo sind sie nicht per Definition perfekt – denn dann müsste jeder zweifelsohne ihre Perfektion erkennen, oder etwa nicht?

Zweitens: Auch unser subjektives Empfinden für Perfektion ist meistens nur temporär. Was war dein absolutes Lieblingsbild vor fünf Jahren? Das, was du überall als Wallpaper hattest? Schau mal bei bei deinen vor Ewigkeiten gespeicherten Sachen bei Pinterest, oder Instagram wenn du dich nicht mehr daran erinnerst, was es war. Das eine Bild, das du dir sehnsüchtig angeschaut, verträumt geseufzt und gedacht hast: SO gut werde ich nie sein.

Empfindest du das immer noch genau mit der gleichen Intensität?

Oder denkst du jetzt: Klar, ist supergut das Bild. Aber jetzt sehe ich auch Dinge daran, die nicht mehr ganz so hundertprozentig meinen Geschmack treffen.

Hat sich das Bild verändert, oder hast du dich weiterentwickelt?

Und weiterentwickelt heißt hier nicht unbedingt besser, oder schlechter, sondern wirklich nur weiter – denn wir sind niemals im Stillstand.

Da. Ich hab’s dir bewiesen, Perfektion gibt es nicht.


Was tust du jetzt also, wenn du wieder vor diesem vermaledeiten weißen Blatt sitzt und irgendwelche Apps mit dir liebäugeln?

Meine Lehrerin damals hat vorgeschlagen das Blatt gelb anzumalen.

Das funktioniert - und zwar nicht nur mit Gelb -, weil das Blatt dann nicht mehr makellos weiß ist. Weil da schon Spuren drauf sind und es dann vom Gefühl einfacher ist, dann auch seine eigenen Spuren darauf zu hinterlassen.

Aber was tun, wenn dein Blatt jetzt gelb ist und du immer noch davorsitzt und mit dir haderst? Denn das passiert auch manchmal.


Mein Tipp an dich, der bei mir eigentlich so gut wie immer funktioniert: Zeichne zuerst etwas, das dir nicht so viel bedeutet.


Zeichnen ist ein Handwerk, eine Sportart, bei der du sowohl physisch, wie auch mental arbeitest. Also solltest du dich zunächst aufwärmen, deine künstlerischen Extremitäten dehnen und strecken.

Zeichne also zuerst etwas, das markant ist und wo es nicht auf Feinheiten ankommt. Wo du expressiv und ohne viel nachdenken einfach nur deine Spuren auf dem Blatt hinterlassen kannst.

Wenn du Portraits üben willst: Fange zu Beginn deiner Übungssession auf gar keinen Fall mit dem hübschen Typen an, den du schon lange zeichnen wolltest! (Der wird nicht hübsch und du bist frustriert.) Fange mit dem Referenzbild mit der markanten, coolen Hakennase an. Das Model, das irgendwie scheel und lustig guckt. Eine bescheuerte Grimasse.

Komm erstmal rein – und hab Spaß! (Und dann kommt der hübsche Typ.)




Hast du die Tipps ausprobiert?

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